So fing alles an...

Angefangen hat alles mit einer einfachen elektrischen Nähmaschine. An dieser (Mamas) Nähmaschine habe ich im zarten Alter von 12 Jahren Söckchen für einen Adventskalender genäht. Der Kalender ist nie fertig geworden, und die Söckchen wurden nie gefüllt. Aber ich hatte Blut geleckt.

An dieser Maschine habe ich nähen gelernt. Weil sie amerikanisch ist
(also 110 Volt), musste ich sie immer mit riesigem Trafo betreiben.
Ich begann, einfache Kleidungsstücke nach gekauften Schnittmustern zu nähen. Zum Abi habe ich mir eine Overlock Nähmaschine gekauft. Ich wollte professionell aussehende Nähte haben. Inzwischen habe ich mir auch einfache Schnittmuster selbst ausgedacht.

Sehr praktisch für elastische Nähte
Als ich zwei Jahre später für ein Praktikum das erste Mal nach Tübingen kam, ist mir eine Pfaff Schranknähmaschine aus den 30er Jahren über den Weg gelaufen. Ein Antriebsriemen und ein Spulenhalter später war sie wieder voll funktionstüchtig.

Laut ISMACS ist meine Pfaff Baujahr 1938
Ich wollte mich einer neuen Herausforderung stellen, und wagte mich mithilfe eines Burda Sonderheftes ("Freude am Selbstschneidern") aus den 50er Jahren an ein Herrenhemd.

Es hat super funktioniert!
Dieses Heft hat mir schon oft geholfen
Den Schnitt habe ich von einem anderen Hemd abgenommen, und es war ein voller Erfolg. Und ich hatte schon wieder Blut geleckt - alte, gusseiserne Nähmaschinen.

Als ich dann zum Studium in London war, hat mir das Nähen gefehlt. Aber dank eBay hatte ich bald auch in London eine gusseiserne Singer von 1960, mit motorbetriebenem Antriebsriemen. 

Meine Singer 201 K
Nachdem ich mit einer Hausarbeit früher fertig geworden war (ich dachte ich würde die ganze Nacht daran sitzen), habe ich die Nacht genutzt, um etwas zu nähen, was ich schon lange mal nähen wollte: ein Kleid mit Tellerrock.

Mein Kleid mit Tellerrock aus Ikea Stoff
Bei einem Ausflug an Englands Küste, in Hastings, ist mir in einem Antiquitätenladen eine wunderschöne alte Singer mit Handkurbel und Holzkasten von 1895 begegnet. Es war Liebe auf den ersten Blick. (Zugegebenermaßen ist es bei mir und alten Nähmaschinen oft Liebe auf den ersten Blick). Sie war meine erste Nähmaschine mit Schiffchen (meine elektrische Singer hatte auch schon ein mir unbekanntes Unterfadensystem), aber das Prinzip war schnell verstanden. An ihr habe ich eine Jeans in einen Rock verwandelt.

Eine alte Jeans wird ein neuer Rock
Das genaue Alter einer Singer Nähmaschine lässt sich mit der Seriennummer ganz einfach herausfinden
Aufgrund der magischen Anziehungskraft, die alte Nähmaschinen auf mich haben, stöbere ich immer mal wieder auf eBay. Eines Tages fand ich eine wunderhübsche Wilhelm Lemke mit Intarsien und einem gusseisernen Gestell mit tollem Wappen. Von Wilhelm Lemke hatte ich noch nie gehört - das erhöhte ihren Reiz. Ich habe sie günstig ersteigert und dann quer durch Deutschland geschickt. Mein Vater hat sie aus Hannover abgeholt, dann brachte ich sie zu meiner Mutter nach Berlin. Nähen wollte sie noch nicht, also musste sie generalgereinigt werden. Ein billiger Wodka war alles was da war, um tief sitzenden Dreck zu beseitigen. Nachdem ich sie noch geölt hatte, war sie auch wieder voll einsatzbereit - wie ein Nähmaschinenölhersteller sagt, "da saust die Maschine". Danach wurde sie nach Tübingen transportiert, wo sie nun wohnt.

Diese Maschine erlaubt vollen Einblick in die Mechanik
Ein aufwändiges Wappen im Gestell
Ihr massives, schweres Handrad macht sie besonders geeignet für Lederarbeiten.

Tasche aus alten Lederkissen, an der Wilhelm Lemke genäht
Aufgrund ihres Stils würde ich ich sie auf Ende 19. Jahrhundert schätzen. Sie hat noch eine Adressangabe in Berlin, sowie ein Patenthinweis, doch meine Recherchen zu ihrer Herkunft habe alle nichts ergeben. Aber sie leistet mir treue Dienste und ist einfach wunderschön.

Massives Handrad und tolle Intarsien
Die Schublade vom Flohmarkt passt perfekt


"Vor Nachahmung geschützt" - aber wofür steht "SB"?
Mein nächster eBay Kauf war eine Freia Koffernähmaschine aus den 50er Jahren, weil ihr Einklappsystem so cool ist. Motor und Mechanik habe ich nach einigem Hin und Her zum Laufen bekommen, aber mir fehlt leider immer noch eine passende Spulenkapsel.

Als Koffer zusammengeklappt
Ausgeklappt mit Nähtisch
Inzwischen hatte ich auch schon ein "Singer Zig Zag Attachment" - ein Nähfuss um an einer Geradestichnähmaschine auch Zickzackstiche zu machen - aber ich merkte, dass für einige Arbeiten eine moderne elektrische Nähmaschine mit verschiedenen Sticharten brauchte.

Zickzack Nähfuss
Meine neueste Errungenschaft ist also eine Victoria, etwa aus den 90er Jahren, auch über eBay. Sie schafft das, was meine alten Nähmaschinen nicht können. Der Freiarm ist manchmal auch sehr praktisch.

Meine "moderne" Victoria Nähmaschine
Der Staubschutz - natürlich mit der Victoria genäht
Was mir jetzt noch fehlt ist eine Sattlernähmaschine. Doch dafür brauche ich Platz und Geld...


Nachtrag (10.09.2012):

Aus einem Nachlass habe ich eine 80er Jahre Overlock Maschine bekommen: eine Pfaff Hobbylock 796.

Meine neue 80er Jahre Overlock Maschine



Kommentare

  1. Hallo domi,
    deine Nähmaschine ist eine Singer, sie gehört zu den ältesten ihrer Art. spätere Versionen haben einen geraden gußeisernen Tisch. Eigentlich müßtest du das Baujahr anhand der eingeschlagenen Nummer identifizieren können:
    http://www.singer.ag/service-fabriksnummern.html
    ich habe übrigens eine Ähnliche:
    http://miauberlin.wordpress.com/2013/12/05/singer-1886-2/
    lieben Gruß Paula

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    1. Hallo Paula,
      deine Maschine sieht wirklich von der Machart genau so aus wie meine. Aber bei deiner steht auch "Singer" drauf, bei meiner "Wilhelm Lemke" (mit eigenem großen Wappen im Gestell). Und meine Seriennummer ist 101.674. Die Singer Seriennummern fangen ja erst bei 611.000 an. Aber zumindest hilft mir dein Hinweis bei der Datierung der Maschine! Danke!
      Lieben Gruß
      Dom

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  2. das ovale Schild unterm Stichlängeneinsteller, ist bei mir ein grosses S wie Singer, bei dir doch auch oder? vielleicht ist die Maschine auch eine Sonderproduktion für einen bestimmten Fabrikanten oder so , die Nummern ganz alter Baujahre scheinen auch nicht verfügbar zu sein..
    naja viel Spaß damit!

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    1. Das ovale Schild ist ein "SB"; ich habe noch ein Foto eingefügt. Die Herkunft der Maschine bleibt ein Rätsel... :-)

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  3. Hallo,

    zu Ihrem Artikel ""Vor Nachahmung geschützt" - aber wofür steht "SB"?

    Wilhelm Lemke war ein Berliner Kaufmann, der sein Geschäft in der Leipziger Str. 112 (WMF-Haus) etabliert hatte. War wohl Haupthändler für die Nähmaschinenfabrik "Frister & Rossmann" zu Berlin.

    Das Logo auf der Maschine heißt nicht SB sondern BS – Bernhard Stoewer. Er besaß eine Nähmaschinenfabrik in Stettin (polnisch Szczecin). Gegenüber vom WMF-Haus in Berlin hatte Stoewer eine Filiale. Wir vermuten, da hat Lemke seine Maschinen geordert. Wie gesagt, früher und auch heute, kann man seine eigenen Maschinen mit seinem Konterfei ordern – ab einer bestimmten Stückzahl. Name der bösen Schwiegermutter – kein Problem.

    Was für ein Modell – müssen wir leider passen, da wir uns nicht mit Stoewer befassen. Aber die hier:
    http://www.stoewer-museum.de/
    müssten es wissen!

    Eine externe Mail mit Archivalien ist an Ihnen unterwegs und weiterhin viel Spaß und Erfolg.
    Herzliche Grüße, VERITASKLUB

    www.nähmaschinenwerk.de

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